Restrisiko Normalbetrieb

Es gibt viele Gründe gegen Kernenergie, z.B. Umweltschutz, Sicherheitspolitik und Bürgerrechte. In diesem Flyer geht es um eine Kritik an den Bedingungen für eine Atomindustrie, also um Machtverhältnisse, ungleiche Geldverteilung und schlechte Arbeitsbedingungen.

Atomstrom wird uns billiger verkauft als er ist. Dies wird möglich, indem Geld über Umwege - in Form von Steuern und Subventionen - in die Atomindustrie fließt. Die Lagerung von radioaktivem Müll wird noch in Tausenden von Jahren anderweitig durch die Bevölkerung bezahlt — und nicht durch den Strompreis. Ein Ausbau regenerativer Energiegewinnung wird dagegen vernachlässigt.

In diesem Flyer geht es um eine grundsätzliche politische Position. Die Sozialistische Jugend - Die Falken Brandenburg, ein parteiunabhängiger Kinder- und Jugendverband, will gleiche soziale Rechte für alle, ein solidarisches Leben ohne Ausbeutung und Unterdrückung. Wir wollen nicht, dass Kinder die Fehler heutiger und früherer Generationen wiederholen oder ausbaden, sondern in einer emanzipatorischen, selbstbestimmten Gesellschaft leben. Und das ist mit Atomkraft nicht möglich!

Um Atomenergie zu produzieren, bedarf es einer Gesellschaftsform, in dem miese Arbeits und Lebensbedingungen zugemutet werden können. Der Abbau von radioaktivem Uran, zentraler Bestandteil für die Brennelemente in Atomkraftwerken, endet für viele Menschen tödlich. Nachdem im ostdeutschen Wismut-Uranabbau-Gebiet Tausende Arbeiter_innen an Krebs starben, wird nun u.a. in ehemaligen europäischen Kolonien Uran für deutsche Atomkraftwerke abgebaut.

Das Uran wird im westfälischen Gronau weiter verarbeitet. Dabei fällt als «Nebenprodukt» tonnenweise abgreichertes Uran an, welches - für Kriege zu panzerbrechenden Waffen verarbeitet - zahlreichen Menschen im Balkan und im Irak den Tod brachte. Es gibt keine «friedliche Nutzung» von Atomenergie!

Atomenergie-Nutzung geht mit Unterdrückung und Ausbeutung von Uranabbauenden einher, mit der Verstrahlung von denen, die es sich nicht leisten können wegzuziehen, weg von Atomanlagen und weg von Kriegsgebieten, wo Kinder mit radioaktiven Urangeschosshülsen spielen.

All das ist Normalbetrieb.

Da ist vom «Restrisiko» noch gar keine Rede, von Millionen Toten bei einer unkontrollierten Kernschmelze, wie sie am 25.04.1986 in Tschernobyl geschah und wozu allein der Ausfall der Kühlsysteme führen kann. Das ist in einer Demokratie ein Problem, weshalb Lügen und Verschleierungen an der Tagesordnung sind.

Dabei geht die Regierung mit der Atomindustrie, namentlich den vier großen Energiekonzernen in Deutschland, RWE, E.on, EnBW und Vattenfall, Hand in Hand. So übernimmt die jetzige Regierung - laut bekannt gewordenem Geheimvertrag - die Kosten für Sicherheitsnachrüstungen. Bisweilen wird die Atomenergie wie in einer Werbekampagne gerechtfertigt, die ein besonders preisgünstiges, sicheres und sauberes Energieprodukt anpreist – auch durch Begriffe, wie sie in diesem Text in Anführungszeichen gesetzt sind. Eine «Wiederaufbereitungsanlage» wie z.B. La Hague in Frankreich ist in Wahrheit eine Plutoniumfabrik. Hier werden alte Brennstäbe deutscher Atomkraftwerke zu Plutoniumprodukten verarbeitet, woraus auch Atombomben gebaut werden können. Die Lieferungen galten in Deutschland als «Entsorgungsvorsorgenachweis», eine Bedingung für den Betrieb eines Atomkraftwerks.

Wer als Politiker_in in der Regierung besonders gute Lobbypolitik betrieben hat, wird mit einem lukrativen Posten in der Atomindustrie belohnt (u.a. Wolfgang Clement, ex-Wirtschaftsminister). Dadurch sind diese Menschen, wie auch die Arbeiter_innen in den Atomanlagen, nicht wirklich böser als andere. Das Problem sind nicht einzelne Menschen — das Problem hat System.

Die kapitalistische Demokratie reguliert die Freiheit von Menschen zu Gunsten eines Nutzens für den Arbeitsmarkt, fördernd und fordernd. Dabei werden viele Menschen auch mit Zwangs-Arbeits-Maßnahmen wie Hartz IV und Zeitarbeit gequält, sie können sich ihren Arbeitsplatz nicht wirklich frei aussuchen und auch viele Manager_innen und Unternehmensberater_innen stecken tiefer in der Sachzwang-Scheiße, als die meisten glauben mögen. Diese Demokratie ist in einem Glauben an stetiges Wirtschaftswachstum gefangen. Mit Verträgen und begünstigenden Gesetzen wird die Gewinnsteigerung der Industrie gefördert. Damit unterwirft sich die Demokratie, wie jeder andere Lebensbereich auch, einer Profitlogik. Der soll sich bloß niemand in den Weg stellen. Da endet die staatlich tolerierte Freiheit, da enden Grundrechte im Zweifelsfall an Bauzäunen.

Die unternehmerische Freiheit wird systematisch über soziale und individuelle Grundrechte - wie auch über körperliche Unversehrtheit - gestellt. So ein System nehmen wir nicht hin! Wir machen uns keine Illusionen über einen Atomausstieg der nächsten Regierung. Der Bau von Atomanlagen konnte schon mehrfach durch entschlossenen Widerstand und durch massenhaften zivilen Ungehorsam verhindert werden. Dafür gab es keinen «Konsens» mit der Atomindustrie, da galt ein entschlossenes Widersetzen.

Die kapitalistische Logik ermöglicht nicht gleiche Rechte für alle, sie steigert Profit für wenige Leute zum Nachteil vieler! Im Falle der Atomenergie ist es besonders widerlich, weil schon durch den «Normalbetrieb» Menschen sterben und durch Atomkriege und Super-GAU ganze Zivilisationen vernichtet werden können. Dass dies auch in den angeblich sicheren AKWs der Industriestaaten geschehen kann, bewies im März der Nuklearunfall in Fukushima/Japan.

Wir wollen, dass niemand diesen Gefahren ausgesetzt ist! Wir wollen nicht, dass Lebensgrundlagen von Abertausenden Menschen vernichtet werden.

Wir wollen gleichen Zugang aller zum Wohlstand!
Für eine sofortige Stillegung aller Atomanlagen — weltweit! Kapitalismus? Nein danke!

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