Kein Werben fürs sterben - Bundeswehr raus aus der Schule!

An deiner Schule steht ein Besuch der Bundeswehr bevor und du suchst hilfreiche Argumente gegen die Truppe? Du willst nicht,dass sie euch an der Schule von Kameradschaft und Abenteuer vorschwärmen und verschweigen, dass Soldat sein heißt, Krieg zu führen und vielleicht zu töten und zu sterben? Wir auch nicht und wir wollen Dir mit diesem Flyer Argumente an die Hand geben.

Krieg als Normalzustand

Bereits seit mehr als einem Jahrzehnt wird intensiv an einer Umstrukturierung der Bundeswehr gearbeitet. Vor knapp zwanzig Jahren schien es noch undenkbar, dass die deutsche Armee in aller Welt im Einsatz ist. Doch spätestens seit dem Angriffskrieg gegen Jugoslawien ist der Auslandseinsatz wieder deutsche Normalität und die Umwandlung der Bundeswehr zu einer Interventionsarmee gesellschaftlich durchgestellt.

Der Kampf um den Nachwuchs

Mit der Aussetzung der Wehrpflicht, also dem Verzicht auf die Zwangsrekrutierung junger Männer, hat die Bundeswehr aber ein Problem bekommen. Freiwillig entscheiden sich immer weniger junge Leute, zur Bundeswehr zu gehen. Die Bundeswehr gilt offensichtlich nicht als besonders attraktiver Arbeitgeber. Daher ist es nur folgerichtig, dass Konzepte der Nachwuchsrekrutierung her müssen. Und hierbei ist die Schule, die wirklich von allen durchlaufen werden muss, von besonderem Interesse.

Zur Rekrutierung von jugendlichem Nachwuchs gibt es bei der Bundeswehr zwei Institutionen, die formal strikt voneinander getrennt sind: Den Jugendoffizier und den Wehrdienstberater. Der*die (1) Jugendoffizier*in soll über die Politik der jeweiligen Regierung in Bezug auf die Bundeswehr informieren. Im Grunde verstehen sie sich als eine Art Bildungsarbeiter*innen, die sie nicht sind. Denn ihre Aufgabe ist nicht die Abwägung des besseren Arguments, sondern von der Notwendigkeit der Bundeswehr zu überzeugen.

Da sich aber immer weniger Jugendliche finden, die bereit sind sich zur Verfügung zu stellen, werden keine Kosten und Mühen gescheut, um eventorientiert „aufzuklären“: So werden Schulklassen in Kasernen eingeladen, wo dann auch mal mit dem Schießsimulator gespielt werden darf. Jugendoffiziere führen mehrtägige Planspiele wie Pol&Is durch, die von der Notwendigkeit des Militärs überzeugen sollen und auch die militärische Option stets als einziges Mittel zur Konfliktlösung zulassen.

Die Wehrdienstberater*innen haben ausschließlich Rekrutierungsfunktion. Sie versuchen, Schüler*innen mit den „attraktiven“ Möglichkeiten der Bundeswehr zu locken: kostenloses Studium, „Karriere machen“ und „Kameradschaft erleben“. Den Jugendoffizier*innen ist diese Form der Rekrutierung offiziell verboten. Dennoch treten beide oft zusammen auf. So kann die*der Jugendoffizier*in für eine positive Haltung gegenüber dem Militär sorgen und die*der Wehrdienstberater*in anschließend die Interessierten abgreifen.

Mittlerweile wurden in neun Bundesländern Kooperationsabkommen zwischen den Bildungsministerien und der Bundeswehr geschlossen. Diese sollen nicht nur den Zugang der Bundeswehr zu den Schüler*innen verbessern, sondern sehen auch Fortbildungen für Lehrer*innen vor. In Brandenburg ist ein solches Abkommen bisher noch nicht geschlossen worden.

Neben den Auftritten an den Schulen, wurde auch der Werbeetat massiv erhöht. Allein zwischen 1998 und 2012 wurden die Ausgaben für Werbung um über 300% auf knapp 30 Mio€ jährlich gesteigert. Dazu gehören unter anderem auch die Radiospots auf Sendern wie Radio Fritz oder FluxFM, die du sicher schon mal gehört hast.

Kein Beruf wie jeder Andere

Nicht nur in der Schule, auch auf Jobmessen oder in der Arbeitsagentur ist die Bundeswehr vertreten. Dort wird gerne der Eindruck vermittelt, Soldat*in sein sei ein Job wie jeder andere. In bunten Flyern wird für das Kommando Spezialkräfte oder die Zahntechniker*innenausbildung geworben. Doch Soldat*in sein, ist kein Job wie Maurer*in, Tischler*in oder Außenhandelskauffrau. Soldat*innen verzichten mit der Verpflichtung auf elementare Grundrechte: Die freie Meinungsäußerung wird beschränkt, Gehorsamsverweigerung wird ohne zivile Verhandlung bestraft; auf das Recht auf körperliche Unversehrtheit und sogar auf das Lebensrecht muss im Kriegsfall verzichtet werden. Dies gilt natürlich auch für die so genannten humanitären Einsätze. Hier wird die Bundeswehr gerne in einem Atemzug mit gemeinnützigen Organisationen wie den Ärzten ohne Grenzen oder Amnesty International genannt. Die Hilfsorganisationen beklagen sich ihrerseits, wenn die Bundeswehr ihre Aufgabenbereiche übernimmt. Und zwar weil sie dadurch oft mit den Militärs gleichgesetzt werden und so das Vertrauen der Zivilbevölkerung verlieren, da der Unterschied zwischen ziviler Hilfe und militärischer Intervention verschwimmt.

Soldat*innen werden militärisch ausgebildet. Sie lernen Hierarchie, Unterordnung und auch effektives Töten. Für Töten aus niederen Beweggründen2 kennt das Strafgesetz den entsprechenden Begriff, dem sich schon Kurt Tucholsky angeschlossen hat: „Sagte ich: Mord? Natürlich Mord. Soldaten sind Mörder.“ (3)

(D)Ein kluger Kopf passt unter keinen Stahlhelm! (Albert Einstein) – Sag es laut!

Doch was tun, wenn die Bundeswehr sich an der Schule ankündigt? Wenn ihr rechtzeitig davon wisst, solltet ihr versuchen, den Auftritt des*der Jugendoffizier*in oder Wehrdienstberater*in zu verhindern. Eine kleine Handhabe
bietet der so genannte Beutelsbacher Konsens, in dem sich die Bildungsminister*innen bereits 1976 darauf verständigt haben, dass Dinge, die gesellschaftlich kontrovers sind, auch genau so dargestellt werden müssen. Das ist bei Werbeveranstaltungen der Bundeswehr ganz offensichtlich
nicht der Fall.

Außerdem könnt ihr versuchen, durch öffentlichen Druck und Aktionen den Auftritt der Bundeswehr zu verhindern. Dies ist auch an vielen Schulen bereits gelungen. Diese luden dann die Bundeswehr wieder aus, um die sich abzeichnenden Proteste zu umgehen.

Bundeswehrauftritte können verhindert werden. Und wir möchten Euch dazu auffordern genau dies zu tun. Die Armee hat an der Schule nichts zu suchen! Unterstützung und Hilfe könnt ihr euch bei uns holen. Kein Werben fürs Sterben!
Bundeswehr raus aus den Schulen!

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1 Die Sternchen schreiben wir, wenn wir nicht nur die männliche und/oder weibliche Form meinen, sondern auch alle Geschlechtsidentitäten dazwischen und darüber hinaus.

2 Die militärische Strategie der Bundeswehr wird in den Verteidigungspolitischen Richtlinien definiert. Die dort definierten Zielstellungen werden u.a. mit Rohstoffsicherung und freiem Zugang zu Handelswegen definiert. Also alles andere als selbstlose Motive.

3 Kurt Tucholsky: Der bewachte Kriegsschauplatz

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